Was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an Spanien denken? Wahrscheinlich Tapas, sonniges Wetter, das Meer und Urlaubsgefühle. Aber was, wenn Sie tiefer nachdenken? Vielleicht kommen Ihnen dann die Wirtschaftskrise, hohe Jugendarbeitslosigkeit und das stereotype Bild vom „spanischen Lebensstil“ in den Sinn. Um herauszufinden, was wirklich dran ist, haben wir mit unserer Kollegin Maria Garcia gesprochen. Maria lebte und arbeitete ein Jahr in Madrid, bevor sie 2005 nach Deutschland zog und ihre Karriere im Online-Marketing erfolgreich fortsetzte. Sie macht bei newsider ein Praktikum im Rahmen ihrer IHK-Weiterbildung zur Social Media Managerin und kümmert sich um die Beziehungen zu unseren spanischen Partnern.
Manche Menschen strahlen stets Freundlichkeit und Wärme aus, egal wie stressig ihr Tag ist. Maria Garcia ist so eine Person. Ihre Begeisterung für die neuesten positiven Kommentare auf Facebook oder eine spannende Studie ist ansteckend. Jeder, der sie trifft, wird von ihrer positiven Energie mitgerissen.
Ich freue mich, Maria zu den Themen Online-Marketing in Spanien und Deutschland befragen zu dürfen. Maria, du hast in Caracas, Venezuela, im internationalen Marketing, in der Kommunikation und im Crossmedia-Bereich gearbeitet. Wie kam es, dass du Ende 2004 nach Spanien gegangen bist?
„In Caracas habe ich unter anderem crossmediale Kampagnen betreut, von der Planung über die Durchführung bis hin zur Auswertung. Dabei habe ich Social Media in klassische Marketing-Strategien integriert, was damals noch recht neu war. Eine besonders erfolgreiche E-Mail-Kampagne brachte mir schließlich ein Jobangebot aus Madrid ein, das ich einfach nicht ablehnen konnte.” (lacht)
Du hast dich entschieden, dieses Angebot anzunehmen und von Venezuela nach Madrid zu ziehen. Welche Mentalität hast du dort erlebt und wie ist die Online-Branche in Spanien?
„Es fiel mir leicht, mich in Spanien einzuleben. Die Mentalitäten der Spanier und Lateinamerikaner sind ähnlich: offen, zugänglich und ausgesprochen kommunikativ. Auch im Geschäftsleben. Die Spanier sind im Geschäftsleben sogar noch lockerer als ich es aus Venezuela kannte.
Die Lockerheit und Offenheit zeigt sich in vielen Aspekten: Man duzt sich schnell, oft schon in der zweiten E-Mail. Hierarchien sind nicht so stark ausgeprägt, man duzt auch höhere Manager. Natürlich hat man trotzdem Respekt, aber diese hierarchische Struktur ist weniger strikt. Man wechselt schnell vom Formellen zu einem vertrauteren Umgang und auch Scherze sind erlaubt. Ein Beispiel: In einer Facebook-Umfrage wollte ich herausfinden, welche Aspekte des Online-Marketings den Nutzern am wichtigsten sind. Eine spanische Nutzerin antwortete in den Kommentaren: ‘Pommes mit Chorizo’. Solche lockeren Umgangsformen findet man in Deutschland eher selten.”
Wie wirkt sich diese Offenheit und Lockerheit auf die Nutzung von Social Media in Spanien aus?
„Ja, absolut. Die kulturell geprägte Mentalität beeinflusst auch das Geschäftsleben. Deshalb ist die Kommunikation in den sozialen Netzwerken in Spanien locker, offen und schnell vertraulich. Soziale Netzwerke spielen in Spanien eine große Rolle: Eine Studie der OECD hat gezeigt, dass die Anzahl der Nutzer sozialer Plattformen in Spanien deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegt.”
Welche Tipps würdest du Unternehmen geben, die in Spanien Fuß fassen wollen?
„Man muss bedenken, dass sich die spanische Kultur stark von der deutschen unterscheidet. Geschäftsbeziehungen basieren auf gemeinsamen Interessen und persönlichen Beziehungen. Trennen Sie Privat- und Geschäftsleben nicht zu stark! Es ist üblich, mit Geschäftspartnern essen oder trinken zu gehen, um die Beziehung zu stärken.
Ausländer, die in Spanien erfolgreich sein wollen, müssen sich öffnen und lockerer kommunizieren – am besten auf Spanisch. Besser, Sie sprechen Spanisch und machen dabei Fehler, als nur Englisch zu sprechen! Spanier sind tolerant und helfen Ihnen bei Fehlern. Haben Sie also keine Scheu! Es ist auch üblich, dass man seine Facebook- oder Tuenti-Freunde mit ‘Amigos’ – ‘Freunde’ – anspricht.
Generell nutzen Spanier sehr gern soziale Netzwerke. Facebook ist wichtig, aber auch Twitter und Tuenti, das ’spanische Facebook‘, sind bedeutend. Tuenti wird vor allem von Jugendlichen genutzt, die ja die Zukunft sind.
Innerhalb eines Unternehmens steht die Kommunikation und Teamarbeit im Vordergrund, das sollte man erwähnen.”
Im Jahr 2005 bist du aus privaten Gründen nach Deutschland gezogen und arbeitest hier weiterhin im Marketing mit Schwerpunkt Social Media und internationaler Kommunikation. Glaubt man den Klischees, sind wir Deutschen ja eher verschlossen. Wie ist deine Erfahrung?
„Mir fiel es relativ leicht, mich in Deutschland einzuleben, auch wenn die Kultur wirklich anders ist. Das liegt auch daran, dass ich in Venezuela viel mit deutschen Unternehmen zusammengearbeitet habe und auch in Madrid Kontakt zur deutschen Kultur hatte. Deutsche lieben es, zu planen und zu analysieren – das habe ich hier gelernt: mich in andere hineinzuversetzen, oder in Marketingsprache ausgedrückt: meine Zielgruppe genau zu analysieren. Ein Teil von mir hat sich eingedeutscht. Ich konnte mich schon immer schnell anpassen, vielleicht ist das ein Teil der lateinamerikanischen und spanischen Kultur – flexibel und improvisationsfähig zu sein. Meine Persönlichkeit ist inzwischen von beiden Kulturen geprägt – der spanischen und der deutschen.”
Wie sind deine Zukunftspläne?
„Meine IHK-Weiterbildung zur Social Media Managerin ist bald abgeschlossen – das ist auch ein Punkt, in Deutschland möchten Unternehmen gern Urkunden und Zeugnisse sehen. Gern würde ich mich im Bereich Internationales Marketing weiterbilden. Es reizt mich, Projektarbeiten für verschiedene Firmen zu übernehmen oder dauerhaft für ein Unternehmen zu arbeiten. Auf jeden Fall würde ich gerne deutsche Unternehmen unterstützen, die Beziehungen nach Spanien aufbauen möchten.”
Vielen Dank für das spannende Interview! Wer sich mit Maria Garcia unterhalten möchte, kann ihr bei Twitter unter @MariaG folgen. Das Interview wurde von Anna Fischer geführt.
Expertentipps für Ihren Erfolg in Spanien:
- Bauen Sie persönliche Beziehungen zu Ihren Geschäftspartnern auf!
- Kommunizieren Sie locker und offen.
- Sprechen Sie Spanisch, auch wenn es nicht perfekt ist.
- Seien Sie präsent auf Facebook, Twitter und – wichtig – auf Tuenti!
- Seien Sie locker und kommunikativ, sowohl mit Partnern als auch innerhalb Ihres Teams.
- Spanier bevorzugen Texte mit einigen Bildern, anstatt nur Bilder und Videos zu konsumieren!